"Von wem hast denn Du die Schnauze so voll?" Diese Frage meiner Seminarleiterin bei der Ausbildung in psychosomatischer Medizin, als ich mit triefender verstopfter Nase kaum mehr sprechen konnte, brachte die entscheidende Wende in meiner Laufbahn als klassische Schulmedizinerin. Schaut man auf das auslösende Problem hinter dem Symptom, was zu Beginn richtig Mut erfordert, ist man auf einmal einer Krankheit/einer Diagnose nicht mehr hilflos ausgeliefert.

Der Tod meiner Mutter mit nur 67 Jahren hat mich erstmalig zum Nachdenken gebracht, ob der Weg, den ich eingeschlagen habe auch der Richtige ist. Daher habe ich begonnen mich mit Psychosomatik zu beschäftigen. Zum einen, weil ich in manchen Begegnungen mit Patienten oft unzufrieden war. Ich wollte nicht nur Überweisungen schreiben und Medikamente verordnen. Und zum anderen natürlich auch aus persönlichen Gründen. 

Meine Mutter war immer "gesund", sie war nicht übergewichtig, hatte keinen Bluthochdruck, keine Gastritis oder andere Erkrankungen, die regelmäßige Arztbesuche notwendig machten. Dann kam die Krebserkrankung. Sie wurde operiert, erhielt Bestrahlung und Chemotherapie und wurde sogar als geheilt bezeichnet. Nach nur wenigen Monaten war der Krebs wieder da und rollte mit einer Wucht über sie, die sie nicht mehr bewältigen konnte. Sie hatte sich nie um sich und ihre Bedürfnisse gekümmert, sondern war immer nur für andere da. Heute bin ich überzeugt, ihre Seele hat über den Körper mit ihr gesprochen. Sie hat es nicht gehört, nicht verstanden oder den Zusammenhang zwischen Körper, Geist und Seele nicht gekannt.

Die Errungenschaften der Schulmedizin sind grandios. Was heutzutage alles möglich ist, um Menschen am Leben zu erhalten, fasziniert mich immer wieder. ABER: Heilung findest Du damit nicht. Hat der Körper einmal ein lebensbedrohliches Symptom aufs Tapet gebracht, dann braucht es die Schulmedizin unbedingt. Parallel ist es wichtig ganzheitlich zu beachten, was Körper, Geist und Seele damit mitteilen möchten.

Ich möchte mir die Zeit für meine Patienten nehmen, um folgende Fragen zu beantworten, die am Ende des Tages ein wichtiges Puzzlestück für die Genesung sein können: Welche Verletzungen wurden hingenommen? Wo wird nicht das volle Potential gelebt? Wo ist zu oft JA gesagt worden, wo ein NEIN für den Selbstrespekt wichtiger gewesen wäre? Wo wurden Grenzen überschritten und Werte verletzt? 

Jahrelang habe ich mit meinem Körper im Kampf verbracht - Adipositas, Anorexie, Bulimie, Allergie, Migräne, Tinnitus...heute ist er mein bester Freund und Weggefährte! Mit meinem Wissen von heute hätte ich mir viel Leid erspart. Ich bin ihm unendlich dankbar, dass er mir immer noch treu und zuverlässig zur Seite steht. Dieses Wissen möchte ich ein Stück in die Welt tragen und Anstoß sein für Entwicklung.

"Do your little bit of good where you are; it`s those little bits of good put together that overwhelm the world.!" (Desmond Tutu)

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